Christoph Lahl: Klang-Kunst-Festival | Ausstellung im Bellevue-Saal Wiesbaden

Christoph Lahl: Klang-Kunst-Festival

Klang-Kunst-Festival

10. Mai bis  1. Juni 2001
Alexander R. Titz, Saarbrücken | Christoph Lahl, Mainz | Robin Minard, Weimar | Ullrich Eller, Norderheistedt | 
Klangkunst

Schläuchen, Steinen und Papier entlockt der Klangkünstler Ulrich Eller seltsame Töne. Für den gewitzten Künstler, der seit 1994 eine Professur für „Klangkunst und Klanginstallation“ am Kurt-Schwitters-Forum in Hannover inne hat, besteht die Welt nicht allein aus visuellen Erscheinungen. Der 1953 geborene Medienkünstler ist eine Kapazität auf seinem Gebiet. Schon 1987 war er mit seinen Objekten während der 8. Kasseler documenta vertreten.

Jetzt bildet eine seiner großen Installationen den Auftakt des Klangkunstfestivals „UND III“, das der „Verein zur Förderung künstlerischer Projekte mit gesellschaftlicher Relevanz“ im Wiesbadener Bellevue-Saal 2001 schon zum dritten Mal veranstaltet. Vier Klangkünstler bereichern das renommierte Festival im zehntägigen Rhythmus mit einem jeweils anderen Schwerpunkt. Rhythmische Vitalität und sinnlichen Zauber entfaltet das „3. Klang-Kunst-Festival UND“ als Ereignis zum Hören und Sehen. Akustische Qualitäten kommen ebenso zur Anwendung wie bildhauerisch-objekthafte. So misst die sichtbar zum Segment geschnittene Riesenform eines Kreises, zu der beinahe 400 Lautsprecher nach einem eigenwilligen Ordnungsprinzip auf der weißen Wandgruppiert sind, fast 18 Meter Länge. Alle montierten Lautsprecher sind recycelte Relikte von ausrangierten Radios und aus Pappe. Insofern folgt schon ihre Optikeiner ansonsten verborgenen Ästhetik. Obgleich derart simple Trichterformen höchst vielfältig sind, folgen ihre Formen Technikgesetzen, die sich seit mehr als hundert Jahren nicht mehr verändert haben. Zahlreiche Lautsprecher sind rund, andere eckig, achteckig, oval oder quadratisch. Ihre Größen variieren erheblich. Die vielen hundert steil abwärts fallenden, roten und schwarzen Kabel bilden auf der riesigen Wand strenge grafische und geometrische Muster. Ein dickes Bündel mit Erdkabeln läuft wie eine Hauptschlagader auf das Objekt zu und ist mit all den feinen Kabeln verbunden. Von hieraus steigen nach dem Zufallsprinzip Klänge zu den Lautsprechern hinauf.

Die Schallwellen, die letztendlich das Klangerlebnis erzeugen, setzen sich aus zwei widerspruchsvollen Polen zusammen: Es gibt verschiedene Zentren, deren Klänge zeitlich versetzt, mit „Plop-Plop“- Geräuschen pulsierend zum Inneren des Raums hin und spontan zur Wand zurück wandern, wie kommende und gehende Impulse. Der zweite Klangschwerpunkt läuft quer und beweglicher, wie ein heller, flirrender, sich hier verstärkender, dort abschwächender „Luftzug“. Die Musik verteilt sich flächig und durch das Objekt. Wie beim Rauschen von Pappeln im Wind gibt es kein Crescendo. Die Klangwellen geben ein Echo auf den großen Entwurf der optischen Form.

Klangkunst versteht sich als eine der vielen medialen Formen bildender Kunst. Die Geräuschsumme entfaltet als Synthese aus dem Labor ein ungewöhnliches Eigenleben. Für alle Töne und Klänge gibt es weder eine Analogie im musikalischen Konzertgeschehen noch in der Sprache.

Gislind Nabakowski
in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 15.5.2001

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