Anja Ganster und Bruno Feger: Malerei – Plastik 1 | Ausstellung im Bellevue-Saal Wiesbaden

Anja Ganster und Bruno Feger: Malerei – Plastik 1

Malerei – Plastik

9. Oktober bis  2. November 2003
Anja Ganster, Mainz | Bruno Feger, Butzbach | 
Malerei, Objektkunst

Australien wie im Bildband: Regenwald, Outback, roter Fels mit grünen Spinifex-Büscheln, kein Mensch. Allerdings auch kein Känguru. Anja Ganster hat sich, als sie den fünften Kontinent bereiste, ganz auf die Landschaften konzentriert, die typisch sind für down under. Dabei umfuhr sie nicht nur soziale Problemfelder weiträumig, sondern jede Action. „Reiseprotokolle“ nennt sie ihre verschwiegenen, jetzt im Wiesbadener Bellevue-Saal ausgebreiteten Mitbringsel, in denen nichts geschieht.

Es sind Meditationen über die Fülle in der Leere. Kleine Formate durchweg, 20,5 mal 24,5 Zentimeter ist das Standardmaß. Der serielle Aspekt ist wichtig für die Malerin. Im Prinzip, so signalisiert die Reihung, könnte die Reise ewig weiter gehen, ein vollständiges Bild ergibt sich ohnehin nie. Ganster benennt daher gar nicht erst Start noch Ziel ihrer Recherche. Ihr geht es um eine Sammlung individueller Eindrücke, wie sie der Einsatz des Fotoapparats kaum erlauben würde. Das Besondere: Sie malt nicht wie viele Kollegen nach Fotos, sondern schwört auf Freilichtmalerei. Traditionell auch Pinselstrich und Ausschnittwahl: Wolkengebirge über dem Meer, blutrote Erde im Dämmerlicht. Erstaunlich dabei ist, wie es Anja Ganster gelingt, in ihre nahezu quadratischen Miniaturen eine Idee von den Weiten des Landes, seinen so unterschiedlichen Vegetationszonen und der majestätischen Natur zu packen. Die Lebendigkeit ergibt sich dadurch, dass die Mainzerin (Jahrgang 1968) ihr Motiv nicht in Sekundenschnelle knipst, sondern die verstreichende Zeit in ihren aturalistische Darstellung miteinbezieht. Somit gewinnt sie, bei einer gewissen Beliebigkeit der Komposition, Tiefe und Aussdrucksstärke – ein Gesicht.

Bruno Feger (Jahrgang 1962), der eingeladen wurde, seine Monumentalplastiken dagegen zu setzen, ist auch ein Romantiker. Zwar versucht er sich nicht gerade an blauen Blumen. Was er aufs Parkett des Bellevue-Saals gewuchtet hat, sind riesige Blüten, aus Holz gesägt. Eine ähnelt der namibischen Wüstenpflanze Welwitschiamirabilis. Ein Gewächs, das fast keine Feuchtigkeit braucht und uralt wird, während es sterbenselend aussieht. Wo Ganster die Realität klein hält, fesselt den gebürtigen Schwarzwälder, der an der Berliner Hochschule für Bildende Künste Architektur studiert hat, das Blow Up. Er stellt es in den Dienst eines Memento Mori.

Kreideweiße Farbe, die im Ausstellungszusammenhang an den australischen Geistereukalyptus erinnert, kommt als gepenstische Komponente hinzu. Damit verbindet Feger ein Lied vom Tod. Aus der Feder von Annette von Droste-Hülshoff floss es 1820: „Wie sind meine Finger so grün, Blumen hab ich zerrissen, sie wollten für mich blühn und haben sterben müssen...“ Eine Ode ans Spinifex hätte sich anders angehört.

Dorothee Baer-Bogenschütz
in der Frankfurter Rundschau vom 18.10.2003

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