10. August bis 20. August 2000
Anna Löbner, Düsseldorf | Erika Enders, Wiesbaden |
Objektkunst, Installation
Anna Löbner (...) platziert ihre Grasfrisuren an verborgenen Stellen in der Waldeinsamkeit. Dazu verwendet sie Bärengras, das wie menschliches Haar behandelt, gekämmt, zurechtgeschnitten und geflochten wird zu Gebilden, die aussehen, als habe ein einsamer Spaziergänger sein Toupet verloren oder eine verirrte Joggerin unfreiwillig ihren – vorher grün eingefärbten – Skalp. Eine fotografische Dokumentation dieser Arbeiten von Anna Löbner ist jetzt im Wiesbadener Bellevue-Saal zusehen. (...)
Auf die Kurzformel „Machen, fotografieren, Wegrennen“ hat die 1953 geborene Hüppi-Schülerin ihre Methode gebracht. Ihre Inventionen, so der Titel der Wiesbadener Ausstellung, sind eigentlich Interventionen, mutwillige Eingriffe in bestehende Sinngefüge. Indem sie unser Nationalheiligtum, den deutschen Wald, mancherorts zur Fasson bringt, wirbelt sie die Bedeutungen gehörig durcheinander und verabschiedet zugleich die Illusion von eine zweckfreien, naturwüchsigen Schönheit. Pilzsucher, aufgepasst! Einige der Grasfrisuren werden in den nächsten Tagen im Hof neben dem Bellevue-Saal vor sich hinwelken. Und etwas Vorübergehendes, noch stärker Prozesshaftes eignet auch der zweiten Invention. (...)
Erika Enders, eine Künstlerin aus Wiesbaden, hat in dem lang gestreckten Saal eine Verbrennungs- oder Fumage-Installation errichtet. In den Fugen einer niedrigen, vielleicht zehn, zwölf Meter langen Mauer aus weiß verputzten Ytong-Steinen sind auf halber Höhe einfache Haushaltszündhölzer gesteckt worden, die eine ununterbrochene, die gesamte Mauer umlaufende Linie bilden. Wer nun nach dem Anzünden dieser Fleißarbeit einen rasch vergehenden, geradezu guinessbuchverdächtigen Dominoeffekt erwartete, sah sich getäuscht. Die FLamme wanderte in eher verhaltenem Tempo an der kleinen Wand entlang und das Element fand, wie von der Künstlerin beabsichtigt, genügend Zeit, sich in einer stets wandelnden Form selbst abzubilden. (...)
Michael Grus
in der Frankfurter Rundschau vom 13. 8. 2000