19. April bis 12. Mai 2002
Video, Installation
Preisträger des Fotografie- und Medienkunst-Preises 2002
Oliver Boberg, Fürth
Corinna Schnitt, Köln
Andrea Geyer, Freiburg
Philipp Lachenmann, Köln
Thomas Wrede, Münster
Video-Café
Täuschungen, wohin das Auge auch blickt. Die zarten Wölkchen, denen die Kamera von Oliver Boberg für sei-ne Serie von hier acht Aufnahmen gefolgt ist, sind nicht echt, sondern für die Vorlage in Trompe l’oeil-Manier gemalt – und auch das nicht immer. Denn dazwischen hat der Fotokünstler für sein doppelbödiges sommerliches Himmelsspiel noch Wattebäuschchen arrangiert. Und auch das „Schlafende Mädchen“, das in dem gleichnamigen Film von Corinna Schnitt nach einem langen Schwenk über eine langweilige Neubausiedlung in einem Haus auftaucht, ist nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Farbe: Das Vorbild stammt aus einem Gemälde von Vermeer.
Künstlichkeit, die heute unser Dasein bestimmt, ist das heimliche Thema in der Ausstellung zum Wiesbadener Fotografie- und Medienkunstpreis. Zum zweiten Mal hat die Fotogalerie „Kunstadapter“ in Verbindung mit der Stadt den mit insgesamt 10 000 Euro dotierten Preis ausgeschrieben, diesmal unter dem Motto „Geschwindigkeit – Terrain der Zeit“. Im Vergleich zu 1999 waren es mit 700 Bewerbungen über 200 mehr. Die Jury wählte daraus vier Fotokünstler und eine Filmkünstlerin aus. Die Preisträger-Arbeiten sind nun vornehmlich im Nassauischen Kunstverein zu sehen.
Die Kölnerin Corinna Schnitt erhält für ihre achtminütige Sequenz den Medienkunstpreis. Oliver Boberg (Fürth), Andrea Geyer (Freiburg), Philipp Lachenmann (Köln) und Thomas Wrede (Münster) teilen sich den Fotografie-Preis. Geyer hat in 20 Jahren New Yorker Hotels für Frauen in anonymer Tristesse fotografiert, die mit auf dem Fußboden aufgezeichnetem Hotelgrundriss präsentiert werden.Thomas Wrede zeigt einen Beitrag, an dem sich das Thema gut ablesen lässt: Portraitaufnahmen von Gesichtern in der Achterbahn.
Lachenmanns Videoarbeit „Space Surrogate I“ dagegen erschließt sich erst mit Hintergrund. Auch hier eine Täuschung: Das Standbild des Zwischenstopps der „Landshut“ in Dubai bei der Entführung der Maschine 1977erscheint durch Flimmern wie ein bewegter Film. Ein weiterer Beitrag Lachenmanns, die „Perfect Sculpture“, greift ebenfalls auf Filmmaterial zurück: Die letzten Aufnahmen des tasmanischen Tigers. Dieses Video wird im Foyer des Landesmuseums gezeigt. Rund 40 weitere Video-Beiträge aus dem Wettbewerb, zu sehen im Bellevue-Saal, dokumentieren die hohe Qualität des diesjährigen Preises.
Birgitta Melten
im Wiesbadener Tagblatt vom 20.4.2002