Jürgen Krause und Klaus Lomnitzer: Rück! 1 | Ausstellung im Bellevue-Saal Wiesbaden

Jürgen Krause und Klaus Lomnitzer: Rück! 1

Rück!

29. Mai bis 22. Juni 2003
Jürgen Krause, Frankfurt | Klaus Lomnitzer, Frankfurt | 
Malerei, Objektkunst

Ganz in Weiß mit einem Bleistiftstrauß – so stellt sich Jürgen Krause in einer Doppelausstellung mit Klaus Lomnitzer jetzt in Wiesbaden vor. Als selbstreferenzielle Malerei und Reflexion über generelle Voraussetzungen bildlicher Verfestigung erweist sich seine Kunst. Auf fünf unprätentiösen Tischen inszeniert er im Bellevue-Saal in mehreren, doch nicht zwanghaft logisch aufeinander aufbauenden Schritten den Weg vom Naturstoff (Red Cedar) zum Stadium der „Überfeinerung des Werkzeugs“ bis hin zu Produkten, die der Markt als Kunstwerk nun schon seit einigen Generationen begrüßt. Krauses schneeweiße Gebilde auf dem letzten Tisch in der Folge erinnern an Päckchen und wären zu Zeiten der aufkeimenden Zero-Art als Wunderwerke experimenteller Reduktion bestaunt worden. Farbschicht um Farbschicht hat Krause auf einen Sperrholzkern aufgetragen. Die durchs Abstreifen des Borstenpinsels strukturierten Ränder ergeben ein Relief.

Zu sehen gibt es überdies – in der Sektion Werkzeug – ein Schweizer Messer, das ein Jahr lang geschliffenwurde, sowie eine Kleinplastik aus lauter Bleistiften. Daneben ein Berg von Holzspänen. Krause, der aus Tettnang kommt, in Mainz studierte, wo er neuerdings einen Lehrauftrag für Zeichnung wahrnimmt, besuchte vorübergehend die Frankfurter Städelschule, die Klasse von Thomas Bayrle. Wie dessen Arbeiten sind die seinen analytisch gedacht und von lakonischer Unmittelbarkeit.

Ganz anders die Gemälde von Klaus Lomnitzer, der mit Krause seit der gemeinsamen Studienzeit bei Klaus Vogelsang in Mainz bekannt ist. Den Marburger reizt Mysteriöses. Da ist etwa ein Interieur angedeutet mit einem schlafenden Menschen im Bett, einem Sessel, ballonartigen, erloschenen (?) Deckenlampen und einem großen schwarzen Schatten rechts. Der schwarze Mann höchst selbst, ein gespenstischer Eindringling, bloß ein schlechter Traum? Alles bleibt unklar. Imaginäres umfassen Lomnitzers auf transparente PVC-Folie gemalten Bilder oft. Zu fassen kriegt man die Inhalte nicht. „Der Umgang mit Erinnerungen und der Versuch, diese in eine eigenständige Bildform zu übersetzen“, beschäftigen den Künstler, der kleine und wandfüllende Formate mischt und zu einem Patchwork austauschbarer Erzählfragmente arrangiert.

Motivisch begibt er sich in die Natur, liebäugelt bisweilen mit biomorphen Formen, dann wieder streift er eine Mietshausfassade. Beidseitig bemalt er seine Bildträger zumeist. Ausdrücklich empfiehlt er bei mehrteiligen Arbeiten die „variable Hängung“. Lomnitzer legt sich niemals fest. Seine Bilder sind offen für alles. Auf Folie sind sie gemalt, und eine Folie, auf die das große Nichtige und das kleine Wichtige projiziert werden könnten, stellen sie auch dar.

Dorothee Baer-Bogenschütz
in der Frankfurter Rundschau vom 12.6.2003

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